Ich stelle jetzt mal eine Vermutung an. Wenn du was für dein Englisch tust, machst du das nahezu ausschließlich im Sitzen, stimmt's?
![Two women half sitting, half standing on a window sill, speaking, gesturing](https://static.wixstatic.com/media/nsplsh_5670636754454b65724551~mv2_d_5889_3931_s_4_2.jpg/v1/fill/w_980,h_654,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/nsplsh_5670636754454b65724551~mv2_d_5889_3931_s_4_2.jpg)
Dass wir uns neue Informationen überwiegend im Sitzen einprägen - egal ob Englisch oder etwas anderes -, ist auch nicht verwunderlich. So wird es uns von Schultagen an eingeprägt: Lernen geschieht im Sitzen, Fokus und Aufnahmefähigkeiten werden mit Stillhalten assoziiert.
Dabei hat die Wissenschaft längst und mehrfach belegt, dass genau dies - Lernen im Sitzen - die am wenigsten effektive Art ist, neue Informationen im Gehirn abzuspeichern.
In ihrem Buch The Extended Mind (in etwa: Der erweiterte Verstand) berichtet Wissenschaftsautorin Annie Murphy Paul von unterschiedlichen Studien, die zeigen, dass wir schneller und effektiver Lernen, wenn wir Bewegung mit ins Spiel bringen.
Bewegung macht deshalb einen großen Unterschied beim Lernen, weil wir damit unserem ganzen Körper signalisieren, dass ein Bedarf an erhöhter Aufmerksamkeit besteht. Allein der Wechsel vom Sitzen zum Stehen erhöht das Maß an Fokus und der Fähigkeit, uns länger konzentrieren zu können.
Und mehr noch: Kombinieren wir Lernen mit Bewegung - Ganzkörperbewegung oder Gesten -, gehen neue Informationen nicht nur schneller ins Langzeitgedächtnis über, wir können sie auch schneller abrufen. Die Erinnerung an Dinge, die wir getan haben, sind stärker als die Erinnerung an Dinge, die wir nur gesehen und gehört haben.
Ich wette, du hast dich beim Lesen gefragt, wie du die Sache mit der Bewegung beim Lernen umsetzen kannst. Wie kannst du mit Bewegung effektiver Englisch lernen? Don't worry. Hier sind ein paar Szenarien, wie das Ganze aussehen kann:
1. Bewege dich, unmittelbar bevor du was für dein Englisch machst, zum Beispiel:
laufe eine Runde um den Block, aber zügiger, als du es normalerweise machen würdest
tanze zu zwei, drei Songs, bei denen du die Füße definitiv nicht stillhalten kannst (wenn Tanzen dein Ding ist)
mach was für dein Englisch, unmittelbar nachdem du vom Sport kommst
Übrigens, wenn du ordentlich Bewegung vor dem Lernen einbaust, ist es voll okay, wenn du beim Lernen sitzt, da die erhöhte Aufnahmefähigkeit eine Weile anhält.
2. Lerne im Stehen. Selbst wenn du keinen Stehschreibtisch hast, findest du bestimmt ein paar Dinge in deinem Haushalt, die du (in Kombination mit deinem Schreibtisch) in ein Pult umwandeln kannst.
3. Lerne oder wiederhole Inhalte, während du langsam im Zimmer umhergehst - am besten immer auch laut vorlesen. Wenn du jetzt noch Handgesten hinzunimmst, wird es dir viel leichter fallen, dir Wörter oder Phrasen zu merken, mit denen du bisher Schwierigkeiten hattest.
Mit den Händen beim Sprechen zu gestikulieren wird oft verpönt. Tatsächlich hilft es uns aber dabei, besser und fokussierter zu denken - und eben auch besser Informationen abzurufen, weil wir sie mit dem ganzen Körper erinnern, anstatt nur mit dem Verstand.
Während ich das Kapitel zum Thema Lernen mit Bewegung aus Annie Murphy Pauls Buch gehört habe, ist mir bewusst geworden, dass ich in der Zeit, wo mein Englisch nach der Schule den größten Sprung gemacht hat, oft genau so gelernt habe - wobei es sich aber nicht nach Lernen angefühlt hat. Ich habe in den frühen 2000ern textbasierte Fantasy-Rollenspiele auf Englisch in Online-Foren gespielt. Dafür habe ich viele, viele Stunden in das Schreiben der Reaktionen meiner Figur (eine Sirene, die Besitzerin eines Buchladens plus Café war) investiert. Und jedes Mal habe ich diese Reaktion, also einen mehrere Abschnitte langen Text, laut vorgelesen. Meistens im Stehen und immer begleitet von Gesten (ich spreche grundsätzlich viel mit meinen Händen, das kam also automatisch). Mir hat das einfach Spaß gemacht, auch zum Beispiel mit der Betonung der Sätze zu spielen, die meine Figur laut gesagt hat. Anscheinend hatte ich da einen guten Instinkt.
Je länger ich still sitze, desto größter wird der Drang nach Ablenkung (die einzige Ausnahme ist die, wenn ich in ein physisches Buch vertieft bin). Wenn ich am Computer arbeite, führt das meistens dazu, dass ich andere Seiten öffne und von meiner eigentlichen Aufgabe abkomme. Vor ein paar Monaten habe ich angefangen, täglich die Stehfunktion meines Schreibtisches zu nutzen; dazu habe ich mir ein Balanceboard geholt, damit meine Gelenke und Muskeln aktiv bleiben. Der Unterschied auf meine Fähigkeit konzentriert zu arbeiten ist deutlich spürbar.
Okay, genug aus dem Nähkästchen geplaudert. Meine Frage an dich: Hast du Lust, ein kleines Experiment zu starten und ein bisschen Bewegung in dein Englischlernen zu bringen? Wenn ja, lass mich gerne wissen, welche Veränderungen du merkst!
Liebe Grüße
Petra
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